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Scheinselbstständigkeit: Risiken und Konsequenzen für Auftraggeber und Auftragnehmer

In der modernen Arbeitswelt suchen Unternehmen zunehmend flexible Lösungen, um ihre Projekte effizient abzuwickeln. Eine dieser Lösungen ist die Beauftragung von Selbstständigen (Freelancern). Wenn jedoch die Grenzen zwischen Selbstständigkeit und abhängiger Beschäftigung verschwimmen, spricht man von Scheinselbstständigkeit. Wir beleuchten im folgenden Beitrag die Risiken und Konsequenzen, die sowohl für Auftraggeber als auch Auftragnehmer entstehen können, wenn eine vermeintlich selbstständige Tätigkeit als scheinselbstständig eingestuft wird.

Was ist Scheinselbstständigkeit?

Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn jemand offiziell als selbstständiger Unternehmer auftritt, faktisch aber wie ein Angestellter behandelt wird. Merkmale hierfür können sein:

  • Weisungsgebundenheit: Der Auftragnehmer ist stark in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingebunden und unterliegt dessen Weisungen.
  • Fehlende Eigenverantwortung: Der Auftragnehmer hat keine eigenen unternehmerischen Freiheiten und trägt kein wirtschaftliches Risiko.
  • Ausschließlichkeitsbindung: Der Auftragnehmer arbeitet überwiegend oder ausschließlich für einen einzigen Auftraggeber.

Risiken für Auftraggeber

Für Auftraggeber können die Folgen der Scheinselbstständigkeit erheblich sein:

  1. Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen: Wird eine Scheinselbstständigkeit festgestellt, muss der Auftraggeber die nicht gezahlten Sozialversicherungsbeiträge nachträglich abführen. Dies kann bis zu vier Jahre rückwirkend, bei Vorsatz sogar bis zu 30 Jahre rückwirkend, eingefordert werden.
  2. Straf- und Bußgelder: Neben den Nachzahlungen können auch Bußgelder und Strafzahlungen verhängt werden. Bei vorsätzlicher Scheinselbstständigkeit drohen empfindliche Strafen wegen Sozialversicherungsbetrugs.
  3. Haftungsrisiken: Der Auftraggeber kann für Schäden haften, die aus der fehlerhaften Statusbeurteilung resultieren. Dazu gehören auch Haftungsrisiken gegenüber Dritten.

Risiken für Auftragnehmer

Auch für den Auftragnehmer birgt Scheinselbstständigkeit gravierende Risiken:

  1. Nachzahlungen und Rückforderungen: Der Auftragnehmer kann zur Rückzahlung von erhaltenen Honoraren verpflichtet werden, wenn diese als nicht rechtmäßig eingestuft werden. Zudem kann er zur Nachzahlung von Arbeitnehmeranteilen der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet werden.
  2. Rentenversicherungsansprüche: Die Versicherungszeiten und -beiträge in der Rentenversicherung können nachträglich angepasst werden, was zu einer Unsicherheit über die eigene Altersvorsorge führen kann.
  3. Steuerliche Konsequenzen: Eine rückwirkende Umqualifizierung zur abhängigen Beschäftigung kann zu Steuernachforderungen führen. Einkommenssteuererklärungen müssen eventuell korrigiert werden, und es können Nachzahlungen anfallen.

Steuerrechtliche Konsequenzen

Die steuerrechtlichen Auswirkungen der Scheinselbstständigkeit sind erheblich:

  1. Einkommenssteuer: Der Auftragnehmer muss seine Einkünfte möglicherweise rückwirkend als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit versteuern, was eine Korrektur vergangener Steuererklärungen und Steuernachzahlungen zur Folge hat.
  2. Umsatzsteuer: Rechnungen des Auftragnehmers, die Umsatzsteuer ausgewiesen haben, müssen korrigiert werden. Dies führt zu Rückforderungen der zu Unrecht gezahlten Vorsteuerbeträge durch das Finanzamt.
  3. Lohnsteuer: Der Auftraggeber muss die Lohnsteuer rückwirkend einbehalten und abführen. Dies führt ebenfalls zu einer Erhöhung der Steuerlast für den Auftragnehmer.

Finanzielle Konsequenzen

Die finanziellen Konsequenzen der Scheinselbstständigkeit können verheerend sein:

  1. Nachzahlungen und Strafen: Auftraggeber und Auftragnehmer können mit hohen Nachzahlungen konfrontiert werden. Dies umfasst sowohl Sozialversicherungsbeiträge als auch Steuerzahlungen.
  2. Bußgelder und Zinsen: Neben den Nachzahlungen fallen oft auch Zinsen und Bußgelder an, die die finanzielle Belastung weiter erhöhen.
  3. Liquiditätsprobleme: Insbesondere kleinere Unternehmen und Selbstständige können durch die finanziellen Forderungen in ernsthafte Liquiditätsprobleme geraten, die im schlimmsten Fall zur Insolvenz führen können.

Fazit

Scheinselbstständigkeit ist ein ernstzunehmendes Thema, das sowohl für Auftraggeber als auch Auftragnehmer erhebliche Risiken birgt. Eine sorgfältige Prüfung der Arbeitsverhältnisse und eine klare vertragliche Gestaltung sind unerlässlich, um böse Überraschungen zu vermeiden. Bei Unsicherheiten sollten beide Parteien rechtlichen Rat einholen, um sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit rechtlich einwandfrei ist. Durch eine sorgfältige Planung und Umsetzung können die negativen Konsequenzen der Scheinselbstständigkeit vermieden werden, was zu einer sicheren und erfolgreichen Zusammenarbeit führt.